Bereits wenige Monate nach Entdeckung der Röntgenstrahlen gab es Überlegungen zum Einsatz von stereoskopischen Röntgenbildern in der Medizin. In den Jahren 1910 bis 1912 stellte W. F. Manges auf dem amerikanischen Röntgenkongress das Stereoverfahren für die geburtshilfliche Röntgendiagnostik vor. Dabei warnte er bereits vor der Anwendung in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten.
Wilhelm Conrad Röntgen (1845–1923) selbst war ein begeisterter Fotograf, der schon früh eigene Stereobilder aufgenommen hatte. Bei diesem Verfahren werden zwei Bilder mit wenigen Zentimetern Verschiebung des Motivs aufgenommen, sodass sie eins wie vom linken und eins wie vom rechten Auge gesehen erscheinen. Bei der Betrachtung in einem Stereoskop, in welches die Bilder eingeschoben und durch zwei separate Augengläser angeschaut werden, lässt sich das räumliche Sehen der Augen imitieren. Radiologische Stereoskopie fand vor allem im angloamerikanischen Raum lange Zeit Verwendung für die Diagnosestellung. Es konnten Blutgefäße, Organe und feine Knochensysteme räumlich dargestellt oder Fremdkörper und Anomalien besser lokalisiert werden.
Text: Nora Haubold, 2023