Heute wissen wir: In jeder Entwicklungsphase des ungeborenen Kindes kann es durch Röntgenbestrahlung zu Schädigungen kommen. Die Strahlen dringen besonders stark in weiches Gewebe wie das eines Fötus ein. Zu den deterministischen Schäden, also direkter Schädigung von Gewebe und Organen, zählen Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen. Mit unbestimmter Wahrscheinlichkeit anzunehmende Spätfolgen wie genetische Defekte durch Zell(-zer-)störung nennt man stochastische Schäden. Diese können um viele Jahre verzögert auftreten. Sicher nachgewiesen ist, dass besonders das Leukämierisiko für ein Kind nach Strahlenbelastung deutlich erhöht ist.
Bei Schwangeren und möglicherweise Schwangeren werden Röntgenuntersuchungen nur vorgenommen, wenn sie medizinisch zwingend erforderlich sind. Bevorzugt kommen alternative, strahlenfreie Untersuchungsverfahren wie Ultraschall oder MRT (Magnetresonanztomographie) zum Einsatz. Seit 2021 sind medizinisch nicht begründete Ultraschalluntersuchungen bei Schwangeren – das sogenannte „Babykino“ – untersagt.
„Es ist von vornherein einleuchtend, dass die Durchstrahlung eines schwangeren Beckens viel complicirter ist als etwa die Durchleuchtung einer Hand.“
IV. Verwerthung der Röntgenstrahlen in der Geburtshülfe. Vorläufige Mittheilung von Dr. Robert Müllerheim in Berlin, in: Deutsche Medizinische Wochenschrift 24 (39), Stuttgart: Georg Thieme Verlag 1898, S. 619-621, S. 619.
Text: Nora Haubold, 2023