In den deutschen und europäischen Entbindungsanstalten zu Beginn des 19. Jahrhundert war die Unterbringung der Wöchnerinnen und ihrer Kinder im selben Raum noch selbstverständlich. Daran orientieren sich später die Konzepte der ersten klinischen Wochenstationen um 1900. Dabei hatten Entbundene und Kind jeweils eigene Betten. Von einem gemeinsamen Bett für Säugling und Mutter rieten auch Gesundheits- und Pflegeratgeber vor allem aus hygienischen und erzieherischen Gründen fast einstimmig ab.
Bis in die 30er Jahre setzte sich die räumliche Isolation der Neugeborenen im Säuglingszimmer oder auf der Säuglingsstation mehr und mehr durch. Mit der Etablierung von Säuglingsstationen und Kinderkliniken erfolgte ab den 1920er Jahren auch eine Trennung der Heil- und Pflegeberufe für Kinder und Mütter.
„Die Erziehung des Kindes muss daher mit den ersten Tagen beginnen. […] Nach dem Trinken an der Mutterbrust darf das Kind nicht länger im Bette bei der Mutter liegen bleiben; auch dieser U n s i t t e muß von Anfang an entgegen getreten werden.“
Eugen Beaucamp, Die Pflege der Wöchnerinnen und Neugeborenen, Bonn: Hauptmann, 1902, S. 61
„Es ist unsagbar albern, wenn eine Mutter das Kind beim Schlafen zu sich in das Bett nimmt. Ihre Ausdünstung ist gewiss nicht das Beste, was das Kind einatmen muss und außerdem kann sie es sehr leicht im Schlafe erdrücken. Ich habe in der Anstalt solche Fälle schon einigemal erlebt.“
Gustav Riether, Säuglingspflege. Vorträge für Pflegerinnen und Mütter, Leipzig/Wien: Franz Deuticke 1918, 2. Auflage, S. 30.
„Um Mutter und Kind gegenseitig voreinander zu schützen, hat man in den Kliniken für die Mutter und das Kind je eine besondere Pflegerin; ihr Pflegebereich ist scharf getrennt, […].“
„Das Neugeborene braucht vom ersten Tag an sein e i g e n e s Lager. Nie darf es wegen der Infektionsgefahr zur Mutter, die als Keimträgerin ersten Ranges zu betrachten ist, ins Bett gelegt werden.“
W. Birk und A. Mayer, Lehrbuch der Wöchnerinnen-, Säuglings- und Kleinkinderpflege, I. Teil: August Mayer, Wöchnerinnen- und Säuglingspflege, Stuttgart: Ferdinand Enke Verlag 1937, S. 94, S. 136.
„Über Jahrhunderte hat der Säugling mit der Mutter im Bett gelegen, bis sich für ihn eine eigene Lagerstatt durchgesetzt hat. Daß ein Kind unbedingt sein eigenes Lager benötigt, zeigen die vielen Todesfälle von Säuglingen durch Ersticken oder Erdrücken im Bett der schlafenden Mutter.“
„Auch bedarf die Wöchnerin dringend der Ruhe und soll durch das Schreien des Kindes nicht unnötig gestört werden.“
Robert Schröder, Norbert Aresin, Hebammenlehrbuch, Leipzig: Thieme 1962, 3. Aufl. S. 542, S. 544.
Text: Nora Haubold, 2023