Im Jahr 1925 veröffentlichte die findige Puppenherstellerin Käthe Kruse erstmals in Deutschland eine Babypuppe speziell zur Ausbildung von Hebammen und Kinderkrankenschwestern. Das „Träumerchen“ hatte ein schlafendes Gesicht und erreichte durch seine Sandfüllung ein Gewicht von ca. fünf Pfund. Arme, Beine und Köpfchen der Puppe waren nur locker angenäht, sodass man sie wie einen echten Säugling heben und stützen musste. Ein applizierter Bauchnabel half beim Üben der Nabelpflege, und ein eingenähtes Loch am Po diente zum Fiebermessen. Viele Jahrzehnte lang fanden historischen Babypuppen wie das „Träumerchen“ oder die „Charakterpuppe“ von Kämmer & Reinhard noch Verwendung zu Schulungszwecken.
„Die schwer und locker hängenden Glieder, besonders der haltlose Kopf, rufen ohne weiteres die Illusion des schlummernden schutzbedürftigen Säuglings hervor, und die Lernende fühlt sich ganz unwillkürlich zu zarten, leisen Bewegungen, zum Stützen und Halten der schlaffen Gliederchen veranlaßt. Die Puppe gibt sich alles in allem als ein schlafendes Kind, fühlt sich auch ebenso an, und erweckt deshalb dieselben Gefühle wie ein solches. Sie ist somit ein ideales Lehrmittel, das des Umweges über Verstand und Vorstellungskraft nicht bedarf.“
Katalog der Käthe-Kruse-Werkstätten von 1926
Text: Nora Haubold, 2023