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Kapitel 1 // Von der Brühlschen Terrasse zum Campus Südvorstadt

Am 1. Mai 1828 wurde die »Technische Bildungsanstalt Dresden« mit dem Ziel, die wirtschaftliche Entwicklung Sachsens durch die Ausbildung des technischen Nachwuchses zu fördern,
eröffnet. Erster Sitz der neuen Schule war ein kleiner, später abgerissener Gartenpavillon im Rokokostil auf der Brühlschen Terrasse. Nachdem sich die Bildungsanstalt unter ihrem ersten Vorsteher, dem Astronomen und Geodäten Wilhelm Gotthelf Lohrmann (1796 – 1840), sehr dynamisch entwickelte und auch die seit 1833 genutzten Räume im Rüstkammergebäude am Jüdenhof den Raumbedarf nicht mehr decken konnten, bewilligte die Ständeversammlung 1843 die Haushaltsmittel für ein Schulgebäude am Antonplatz. Der Architekt Gustav Heine (1802 – 1880), Lehrer für Baukunde und architektonisches Zeichnen an der Technischen Bildungsanstalt, entwarf das Gebäude, welches im September 1846 bezogen werden konnte.

In Anerkennung des gehobenen Niveaus erhielt die Lehranstalt 1851 die Bezeichnung »Königlich Polytechnische Schule zu Dresden«. Im Jahr zuvor war Julius Ambrosius Hülsse (1812 – 1876) zum Direktor ernannt worden. Hülsse trieb die weitere Profilierung der Schule energisch voran. Den Charakter einer Hochschule erreichte die Lehranstalt mit einer umfassenden Reform in den Jahren 1870/71, die auch in der Umbenennung in »Königliches Polytechnikum Dresden« ihren Ausdruck fand. Noch vor seinem Ausscheiden 1873 brachte Hülsse einen Neubau für das Polytechnikum auf den Weg.

Entworfen wurde der Hochschulbau am Bismarckplatz (heute Friedrich- List-Platz) erneut von einem Mitglied
der Lehranstalt, dem Architekten und Professor für Baukonstruktion Rudolf Heyn (1835 – 1916). Heyn orientierte sich an dem von Gottfried Semper (1803 – 1879) geschaffenen Vorbild der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich. Die Vierflügelanlage umschloss zwei Innenhöfe und einen als Repräsentationsachse ausgestalteten Verbindungstrakt. Den Giebel über dem Mittelrisalit schmückten sechs vom Bildhauer Friedrich Rentsch (1836 – 1899) entworfene weibliche Figuren, als Allegorien für die sechs Abteilungen der Hochschule: Mechanik, Ingenieurwesen,

Chemie, Architektur, Mathematik und, für die Allgemeine Abteilung, Literatur. Auch in der repräsentativen Innengestaltung von Treppenhaus und Aula spiegelte sich das gewachsene Ansehen und Selbstbewusstsein der Ingenieure. Beim eigenständigen Gebäude für die Chemielabore, auf der Rückseite der Hochschule an
der Schnorrstraße, berief sich Heyn ebenfalls auf Vorbildbauten der ETH. Mit dem Bezug des Neubaus wurde 1875 eine Hochbauabteilung und damit die Architektenausbildung am Polytechnikum etabliert. Heyn wurde erster Vorstand der Abteilung und zugleich erster Architekturprofessor des Polytechnikums.

1873 hatte Gustav Anton Zeuner (1828 – 1907) die Leitung der Hochschule übernommen. Zeuner baute in seiner Amtszeit insbesondere die Allgemeine Abteilung erheblich aus. Seit 1883 konnten die Studierenden
mit einem Diplom abschließen. Bis 1890 gelang es Zeuner, aus dem Polytechnikum die »Königlich Sächsische Technische Hochschule« zu formen, die mit der neuen Hochschulverfassung größere Autonomie und ein gewähltes Rektorat erhielt.

Trotz mehrfacher Erweiterungen der Hochschulgebäude am Bismarckplatz reichte das Raumangebot für die schnell wachsenden Studierendenzahlen und die für einen modernen Unterricht notwendigen, immer größeren Labore bald nicht mehr aus. Insbesondere die Maschinenbaulabore amerikanischer Hochschulen, die Hubert Engels (1854 – 1945), Dresdner Professor für Wasserbau, und viele andere deutsche Ingenieure anlässlich des Besuchs der Weltausstellung in Chicago 1893 kennengelernt hatten, führten die Notwendigkeit eines massiven Ausbaus der Technischen Hochschulen in Deutschland drastisch vor Augen. Ein in Kellerräumen der Hochschule eingerichtetes Maschinenbaulaboratorium konnte als Provisorium nur den dringendsten Bedarf decken. In Engels’ Amtszeit als Rektor von 1896 bis 1898 wurde daher die Erschließung eines neuen Campus am Stadtrand von Dresden in die Wege geleitet. Das unbebaute, zwölf Hektar große Gelände, von George-Bähr- Straße, Berg-, Mommsen- und Helmholtzstraße begrenzt, hatte die Stadt Dresden erworben und kostenfrei zur Verfügung gestellt.

Der Architekt Karl Weißbach (1841 – 1905) entwarf als ersten Bauabschnitt die Gebäude für die Mechanische Abteilung. Weißbach vertrat seit 1875 Gebäudelehre und Entwerfen als Architekturprofessor am Polytechnikum bzw. an der TH Dresden. Als Architekt hatte er in Dresden mit zahlreichen Villen und Wohnhäusern sowie der russisch-orthodoxen Kirche (Fritz-Löffler- Straße) bereits Spuren hinterlassen. Weißbach plante die Gebäude der Mechanischen Abteilung in der nordwestlichen Grundstücksecke und ließ somit den repräsentativen Baugrund am heutigen Fritz-Foerster-Platz für ein später zu errichtendes Hauptgebäude der TH Dresden frei. Zunächst wurde 1900 ein zentrales Heizkraftwerk errichtet, das den neuen Campus mit Wärme und Strom versorgen sollte. Im gleichen Jahr erhielt die TH Dresden das Promotionsrecht, womit die Gleichstellung zur Landesuniversität in Leipzig endgültig abgeschlossen
war. Bereits im Sommer 1901 konnte der erste – und im kommenden Sommer der zweite – Teil des Maschinenbaulaboratoriums (heute Mollier-Bau) bezogen werden. 1903 folgte die Fertigstellung der Mechanisch- Technischen Versuchsanstalt (heute Berndt-Bau) mit dem zugehörigen Maschinensaal (heute Sachsenberg- Bau), 1904 das Hauptgebäude der Mechanischen Abteilung (heute Zeuner-Bau) und schließlich konnte zu Ostern 1905, in Anwesenheit des sächsischen Königs, das Elektrotechnische Institut (heute Görges-Bau) seiner Bestimmung übergeben werden.

Insgesamt war eine Bausumme von 5,5 Millionen Mark investiert worden. Die von Weißbach entworfene,
am norddeutschen Backsteinbau orientierte Architektur aus Ziegelbauten mit hellem Sandsteinsockel erregte Missfallen im eher konservativen Dresden, prägte aber die weitere architektonische Entwicklung des Campus entscheidend.

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